zum Gesuch der Natixis S.A., der Credit Suisse AG, der J.P. Morgan Securities Plc, der Société Générale, der ING Bank N.V. und der Liwet Holding AG vom 17. Mai 2013 um Feststellung des Nichtbestehens einer Angebotspflicht gemäss Art. 32 des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel ("BEHG") und eventualiter um Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht im Zusammenhang mit einer Refinanzierung der Renova-Gruppe
Der Verwaltungsrat der OC Oerlikon Corporation AG, Pfäffikon, Freienbach ("Oerlikon" oder "Gesellschaft") hat vom Gesuch (das "Gesuch") der Natixis S.A., der Credit Suisse AG, der J.P. Morgan Securities Plc, der Société Générale, der ING Bank N.V. (zusammen die "Banken") und der Liwet Holding AG ("Liwet" und zusammen mit den Banken die "Gesuchsteller") datierend vom 17. Mai 2013 an die Übernahmekommission um Feststellung des Nichtbestehens einer Angebotspflicht im Sinne von Art. 32 Abs. 1 BEHG und eventualiter um Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht gemäss Art. 32 Abs. 2 BEHG im Zusammenhang mit einer Refinanzierung der Renova-Gruppe Kenntnis genommen.
Der Verwaltungsrat nimmt zum Gesuch in Übereinstimmung mit Art. 61 Abs. 3 der Übernahmeverordnung ("UEV") wie folgt Stellung:
1.Ausgangslage
Oerlikon ist eine schweizerische Aktiengesellschaft mit Sitz in Freienbach. Das Aktienkapital der Gesellschaft beträgt CHF 325'964'498.00 und ist eingeteilt in 325'964'498 Namenaktien (die "Oerlikon-Aktien") mit einem Nennwert von je CHF 1.00. Die Oerlikon-Aktien sind an der SIX Swiss Exchange kotiert.
Hauptaktionärin der Oerlikon ist die Renova-Gruppe, die im Besitz von Herrn Victor Vekselberg steht. Gemäss eigenen Angaben beträgt die Beteiligung der Renova-Gruppe aktuell 46.31%. Die Renova-Gruppe hält ihre Oerlikon-Aktien über Liwet, Renova Industries Ltd. in Nassau (Bahamas) und Lamesa Holding S.A. in Panama (Republik Panama).
2.Refinanzierung der Renova-Gruppe
Die Refinanzierung der Renova-Gruppe lässt sich gemäss der Sachverhaltsdarstellung im Gesuch zusammenfassend wie folgt beschreiben:
- Am 24. April 2013 hat die Renova-Gruppe über ihre Tochtergesellschaft Liwet bei den Banken Fremdkapital aufgenommen und so einen Teil ihrer Verbindlichkeiten refinanziert. Zu diesem Zweck hat Liwet mit jeder der fünf Banken einen im Wesentlichen identischen Satz von Verträgen abgeschlossen.
- Die Refinanzierung setzt sich aus einer Kombination von fünf Termingeschäften mit Barausgleich (cash-settled prepaid share basket forwards; "Forwards") und fünf Tauschgeschäften mit Barausgleich (cash-settled share basket swap; "Swaps") zusammen. Forwards und Swaps basieren auf identischen Aktienkörben, die sich u.a. aus einer bestimmten Anzahl von Oerlikon-Aktien zusammensetzen. Als Sicherheiten dienen den Banken unter anderem 134'800'000 Oerlikon-Aktien, die Liwet zu Gunsten der Banken verpfändet hat. Die verpfändeten Oerlikon-Aktien entsprechen 41.35% des Aktienkapitals der Oerlikon. Zusätzlich haben Liwet und gewisse ihrer Schwester- und Tochtergesellschaften mit den Banken eine Gläubigervereinbarung getroffen, die im Wesentlichen die Beziehung und Koordination zwischen den Banken regelt, insbesondere im Rahmen einer möglichen Pfandverwertung.
Gemäss den Gesuchstellern lässt sich die Refinanzierung bei wirtschaftlicher Betrachtung als eine gewöhnlichen Finanzierung mittels Lombardkrediten beschreiben, wonach
- die Banken der Liwet eine Kreditfazilität zu Verfügung stellen;
- Liwet Sicherheiten u.a. in der Form einer Verpfändung von 134'800'000 Oerlikon-Aktien gewährt; und
- das Eigentum und die Stimmrechte an den betroffenen Oerlikon-Aktien und folglich auch Nutzen und Gefahr betreffend Kurswert der betroffenen Oerlikon-Aktien während der gesamten Kreditlaufzeit bei Livet verbleiben, vorbehältlich gewisser Sonderregeln im Falle einer Pfandverwertung.
Vor Abschluss der Verträge ersuchten die Gesuchsteller die Offenlegungsstelle der SIX Swiss Exchange ("OLS") um einen Vorabentscheid betreffend Meldepflichten gemäss Art. 20 BEHG im Zusammenhang mit der Refinanzierung. Gemäss Gesuch entschied die OLS am 23. April 2013 unter anderem, dass durch den Abschluss der Refinanzierungsverträge die Gesuchsteller nicht im Sinne von Art. 20 Abs. 3 BEHG in gemeinsamer Absprache handeln oder eine Gruppe bilden, die Banken jedoch im Falle der Verwertung der verpfändeten Oerlikon-Aktien eine Veräusserungsgruppe bilden.
3.Stellungnahme des Verwaltungsrates
Die Gesuchsteller begründen das Nichtbestehen einer Angebotspflicht im Sinne von Art. 32 Abs. 1 BEHG bzw. die Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht gemäss Art. 32 Abs. 2 BEHG insbesondere mit den unveränderten Eigentums- und Kontrollverhältnissen bzw. damit, dass eine Kontrolle der Banken, wenn überhaupt, im Verwertungsfall nur temporärer Natur wäre und keine Beherrschungsabsicht bestehen würde. Ausgehend von der Sachverhaltsdarstellung im Gesuch, die der Verwaltungsrat nicht nachgeprüft hat, erachtet der Verwaltungsrat diese und die weiteren Argumente der Gesuchsteller als plausibel.
Die Frage einer allfälligen Angebotspflicht der Gesuchsteller stellt sich nach Auffassung des Verwaltungsrates aber primär schon deshalb nicht, weil die Statuten der Gesellschaft in Artikel 8 eine Befreiung von der Verpflichtung zu einem öffentlichen Kaufangebot gemäss Artikel 32 BEHG vorsehen (sog. opting-out im Sinne von Artikel 22 BEHG). Folglich hat der Verwaltungsrat keine Einwände gegen das Gesuch.
4.Absichten der Aktionäre mit mehr als 3% der Stimmrechte
Die Absichten von Herrn Victor Vekselberg und der von ihm gehaltenen Renova-Gruppe (einschliesslich Liwet) ergeben sich aus Ziffer 2. Dem Verwaltungsrat sind die Absichten der übrigen Aktionäre mit einer Beteiligung von über 3% nicht bekannt.
5.Potentielle Interessenkonflikte
Der Verwaltungsrat besteht aus den folgenden Mitgliedern: Timothy David Summers (Präsident), Kurt J. Hausheer, Mikhail Lifshitz, Gerhard Pegam, Carl Stadelhofer und Hans Ziegler.
Die Verwaltungsratsmitglieder Timothy David Summers, Mikhail Lifshitz und Carl Stadelhofer wurden auf Antrag der Renova-Gruppe gewählt. Diese Personen gehören nicht nur dem Verwaltungsrat von Oerlikon an, sondern stehen gleichzeitig direkt oder indirekt zu Liwet und zur Renova-Gruppe bzw. zu der an der Renova-Gruppe wirtschaftlich berechtigten Person in einem Abhängigkeitsverhältnis und nehmen in diesem Rahmen selber an wesentlichen Entscheidprozessen teil.
Zur Vermeidung von Interessenkonflikten sind daher die Herren Summers, Lifshitz und Stadelhofer bei der Beratung und der Beschlussfassung über die vorliegende Stellungnahme in den Ausstand getreten und es wurde ein Ausschuss bestehend aus den übrigen Verwaltungsratsmitgliedern (Hans Ziegler (Vorsitz), Kurt J. Hausheer und Gerhard Pegam) gebildet. Die Mitglieder des Ausschusses stehen weder zu Liwet und der Renova-Gruppe bzw. zu Herrn Victor Vekselberg noch zu einer gesuchstellenden Bank in einer besonderen Beziehung, die einen Interessenkonflikt begründen würde.
Die Mitglieder der Geschäftleitung von Oerlikon stehen zu keinem der Gesuchsteller noch zur Renova-Gruppe bzw. zu Herrn Victor Vekselberg in einer besonderen Beziehung, die einen Interessenkonflikt begründen würde.
6.Verfügung der Übernahmekommission
Mit Verfügung vom 24. Juli 2013 (publiziert auf www.takeover.ch) hat die Übernahmekommission wie folgt entschieden:
- Es wird festgestellt, dass die Refinanzierung inklusive einer möglichen Verwertung der verpfändeten Aktien von Sulzer AG und OC Oerlikon Corporation AG für Natixis S.A., Credit Suisse AG, J.P. Morgan Securities Plc, Société Générale, ING Bank N.V. und Liwet Holding AG bzw. deren wirtschaftlich Berechtigte bezüglich Sulzer AG und OC Oerlikon Corporation AG keine Angebotspflicht auslöst.
- Natixis S.A., Credit Suisse AG, J.P. Morgan Securities Plc, Société Générale und ING Bank N.V. haben die Übernahmekommission zu informieren, (i) falls es zu einer Deemed Mandatory Early Termination oder einem Enforcement Event kommt, (ii) im Fall eines Enforcement Event durch Selbsteintritt oder unter anderen Umständen Sulzer- oder OC Oerlikon-Aktien von Liwet erworben werden und (iii) ob und wie die Stimmrechte allenfalls erworbener Sulzer- und OC Oerlikon-Aktien bis zu einer Weiterveräusserung an einen Dritten ausgeübt werden.
- Sulzer AG und OC Oerlikon Corporation AG haben die Stellungnahmen ihrer jeweiligen Verwaltungsräte samt Dispositiv der vorliegenden Verfügung und Hinweis auf das Einspracherecht elektronisch am 25. Juli 2013 zu veröffentlichen.
- Diese Verfügung wird am Tag der elektronischen Publikation der Stellungnahmen der Verwaltungsräte auf der Webseite der Übernahmekommission veröffentlicht.
- Die Gebühr zu Lasten von Natixis S.A., Credit Suisse AG, J.P. Morgan Securities Plc, Société Générale, ING Bank N.V. und Liwet Holding AG beträgt CHF 50'000, unter solidarischer Haftung.
7.Einspracherecht
Eine Aktionärin oder ein Aktionär, welche oder welcher eine Beteiligung von mindestens 3 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht (qualifizierte Aktionärin oder qualifizierter Aktionär), nachweist und nicht am Verfahren teilgenommen hat, kann Einsprache gegen die unter Ziffer 6 dieser Stellungnahme erwähnte Verfügung erheben.
Die Einsprache muss bei der Übernahmekommission (Selnaustrasse 30, Postfach, CH-8021 Zürich, counsel@takeover.ch, Fax: +41 58 499 22 91) innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung des Dispositivs der unter Ziffer 6 dieser Stellungnahme erwähnten Verfügung in den Zeitungen eingehen. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach der Veröffentlichung.
Die Einsprache muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung ihres Urhebers gemäss Art. 56 UEV enthalten.
Freienbach, 25. Juli 2013
Für den Verwaltungsrat:
Hans Ziegler, Mitglied des Verwaltungsrates